Immer noch Anfang Juni 1972
Seit dem gestrigen Tag fuehle ich mich deutlich entspannter. Ich habe gut geschlafen. Die Algen sind wieder genieszbar und in Kombination mit den Austern eine schmackhafte Mahlzeit.
Ich ernaehrte mich auszchlieszlich von dem, was an der Unterseite meines Floszes waechst.
Als mein Magen endlich voll war, legte ich mich auf die Planken und schaute zum Horizont hinaus.
Es ging ein leichtes Lueftchen. Die Wellen wogen mein Flosz sanft in monotonem Rhythmus.
Ueber mir breitete sich der klare, blaue Himmel aus.
Ich lauschte den Klaengen des Ozeans.
Jeden Tag spielte er eine andere Melodie, mal dramatisch und harsch, mal sanftmuetig und leise.
Da war nicht nur ein Rauschen, es war vielmehr eine Art Gesang.
Ich schlosz die Augen.
In den ruhigen Momenten dachte ich meist an mein Leben vor dem Unglueck. Die Sehnsucht nach meinem Zuhause war sehr grosz, sodasz die Gedanken daran immer melancholischer Art waren.
Heute jedoch genosz ich die Einsamkeit. Es war wohl das erste Mal, dasz ich dies bewuszt tat.
Ich lag in der Sonne, hatte einen vollen Bauch und nichts zu tun.
Meine Aufgabe bestand darin den Tag zu ueberstehen. Fuer den heutigen Tag machte ich mir keine Sorgen mehr.
Keiner zwang mich irgendetwas zu erledigen, keiner ging mir auf die Nerven, keiner erwartete irgendetwas von mir.
Hier gab es keine Menschen, keinen Verkehr, keine Nachrichten, kein Weltgeschehen.
Ich war alleine mit meinem Verstand.
Viele Menschen wuerden solch eine Situation als unangenehm empfinden. Sie konnten nicht anders, als staendig irgendwelche Geraeusche zu erzeugen, etwas auszuscheiden, um nicht unbemerkt und ungehoert zu bleiben.
Dabei war schon alles gesagt und alles getan.
So weit ich mich erinnern konnte, hatte ich noch nie ein schlaues Wort von irgendeinem gehoert, welches nicht schon irgendwo auf dem Globus in einem Kalenderspruch vorkam.
Wozu also der ganze Wind, die heisze Luft, all dieser Aufwand?
Das hirnlose Gelaechter und Gegrinse in den Bueros, der Smalltalk auf der Strasze, im Hausflur, oder im Geschaeft, all die belanglosen Gespraeche, warum?
All die Meinungen, die produziert wurden und sich reproduzierten, bis man eine neue produzierte.
Worte werden gesagt, gehoert und nach belieben verstanden, meistens jedoch falsch.
Der Vorhang faellt, die Buehne ist leergefegt.
Vorgespieltes Interesze, vorgespielte Freundschaft, vorgespieltes Vorspiel.
Keep smiling, keep, trying, keep on and on and on.
Irgendetwas halten, nur um des Haltens Willen.
Irgendetwas spalten, um der Spalten Willen. Klatschspalten, zum Beispiel.
Wie laecherlich alles erscheint, wenn man es nur von einem Flosz auf einem menschenleeren Ozean aus betrachtet.
Alles was der Mensch braucht ist ein Flosz und ein Ozean.
Morgen wieder mehr!
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