Dienstag, 8. September 2015

Tag 1322

Harry hat sich wieder an seinen Alltag gewoehnt.
Seine Laune ist nicht besonders gut, denn er musz zu seinem Job.
Egal!



22.05.1972



In der Nacht hat es wieder geregnet. Alle Kokosnuesze sind randvoll mit frischem Waszer. 
Ich beginne den Tag mit einer groszen Portion Algen, welche ich von der Unterseite meines Floszes kratze. 
Meine Verpflegung ist fuer den Moment gesichert. 
Ich beginne damit mich mit der Route zu beschaeftigen.
Seit ich die Insel verlaszen habe, war ich mit dem Ueberleben auf Hoher See beschaeftigt. 
Leider habe ich keinen Kompasz mitgenommen und meine Aufzeichnungen waren somit wenig brauchbar. 
Ich trieb mutterseelenalleine auf dem Atlantik umher und das seit vier Tagen. 
Die Sonne stand direkt ueber mir und brannte heisz.  
Egal zu welcher Seite ich mich umsah, um mich herum war nur Waszer.
Es gab nichts woran ich mich orientieren konnte. Ohne Kompasz war ich aufgeschmiszen.
Fuer den Moment konnte ich also nichts tun. 
Kurz bevor das Schiff sank, befanden wir uns auf dem Weg von Barbados nach Puerto Rico.
Mit ein wenig Glueck, wuerde mich der Golfstrom nach Cuba oder Florida tragen. 
Jetzt hatte ich keinen blaszen Schimmer, wo ich mich befand.
Um den Verstand nicht zu verlieren, beschlosz ich mir vorerst keine Gedanken mehr um meinen Verbleib zu machen. 
Ich machte mir bewuszt, dasz es viel Geduld bedarf, wollte ich meine Heimreise geistig unbeschadet ueberstehen.
Es blieb mir nichts anderes uebrig, als zu hoffen, dasz ich irgendwann an eine von Menschen bewohnte Insel geschwemmt wurde.
Also beschlosz ich meine Kraefte zu sparen und ein Nickerchen zu machen.

Wie lange ich schlief kann ich nicht sagen. Die Sonne war bereits im Inbegriff, am Horizont zu verschwinden.
Da ist also Westen, dachte ich mir, ohne, dasz dies irgendeine Konsequenz gehabt haette.
Mein Kopf war schwer. Im Schlaf wurde ich von den wildesten Traeumen heimgesucht.
Ich setzte mich an den Rand meines Floszes und steckte die Beine ins Waszer.
Der Sonnenuntergang war von beeindruckender Schoenheit. Ich konnte mich nicht erinnern jemals einen derartig schoenen Sonnenuntergang gesehen zu haben.
Das Abendprogramm im TV konnte mit solch einem Spektakel nicht mithalten.
Da sasz ich nun, Mortimer Laibovitz, alleine auf einem selbstgebautem Flosz, mitten auf dem Ozean(oder wo auch immer ich mich gerade befand...).
Dabei war Mortimer Laibovitz nicht einmal mein richtiger Name. Wenn dieses Tagebuch einmal gefunden wird, dann soll die Menschheit ruhig erfahren wer ich wirklich war.
Mein richtiger Name ist Karl Stefan Thomas Michael Schulz. Geboren bin ich 1940, als Sohn deutscher Einwanderer, in Queens, New York.
Ich war gerade 16 Jahre alt, als ich mein Elternhaus verlies.
Mein Onkel gab mir einen Job in seinem Gemischtwarenladen in Williamsburg, Brooklyn.
In der Naehe des Ladens mietete ich ein kleines Zimmer bei einer alten Dame.
Sie war so gut wie blind und hoerte nur, wenn man sie auf kurzer Distanz anschrie. Eine nette alte Dame, wir verstanden uns prächtig.
Nachdem ich in einer rein deutschen Nachbarschaft aufgewachsen war, fand ich mich nun in einem Viertel wieder, welches zum groszen Teil von orthodoxen Juden bewohnt war.
Die Gegend gefiel mir sehr. Freitag Abend waren die Straszen wie leergefegt und so schlosz auch mein Onkel, auch wenn wir keine Juden waren, seinen Laden schon am Nachmittag zu.
Die Abende vor dem Sabbat verbrachte ich dann immer in den Tanzlokalen Brooklyns.
Es dauerte nicht lang, da verliebte ich mich in ein Maedchen aus der Nachbarschaft.
Ihr Name war Esther, sie war schon 18 Jahre alt und eine bildhuebsche, stolze Juedin.
Oft sah ich sie Freitag nachts in Cohen´s Diner sitzen. Sie war dann immer in Begleitung ihrer Freundinnen.
Die jungen Maenner der Nachbarschaft umgarnten die Maedels, bloedelten und versuchten ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Ich verliebte mich fuerchterlich in sie.
Wie konnte ich sie erreichen?
Ihr Vater war Rabbi und ein frommer Mann.
Er haette es nie erlaubt, dasz Esther mit einem Goi und schon garnicht mit einem Deutschen ausging.
Die Sehnsucht nach ihr war so grosz, dasz ich mir etwas einfallen laszen muszte.
Um meine Chancen bei Esther zu erhoehen, beschlosz ich meinen sehr deutschen Namen in einen juedisch klingenden Namen zu aendern.
Fuer ein paar Dollar machte ich aus Schulz, Laibovitz und aus Karl Stefan Thomas Michael schlieszlich Mortimer.
Ich freundete mich mit den Jugendlichen meiner Nachbarschaft an und begann die religioesen Braeuche der Juden zu studieren.
Ein guter Freund von mir, Mordechai, machte mich eines Freitag abends, in Cohen´s Diner, mit Esther bekannt.
Wir verstanden uns sofort. Meine Rolle als Jude spielte ich perfekt, es fiel keinem auf.
Es wunderte sich auch keiner, warum mein Onkel ein deutscher Goi war.
Esther und ich verabredeten uns ins Kino, gingen Tanzen und verbrachten so manchen Abend bei Cohen´s.
Es lief beszer, als ich es mir je ertraeumt haette.
Bis Esther mehr wollte.
Am Abend von Yom Kippur waren Esthers Eltern in die Synagoge gegangen. Sie sollten erst spaet wieder nach hause kommen und Esther hatte mich zu ihnen in die Wohnung eingeladen.
In ihrem Kinderzimmer saszen wir im Kerzenschein und kueszten uns heisz und innig.
Ich war kurz davor, vor Erregung zu zerplatzen, als Esther ihre Bluse oeffnete.
Oft schon hatte ich in meinen Traeumen, den Ablauf des nun folgenden Aktes durchgespielt.
In meiner Hose pulsierte es schmerzhaft, es fuehlte sich an, als wolle dort etwas zerreiszen. Da kam mir ein Gedanke.
So gut wie ich meine Rolle auch spielte, so war ich doch kein vollstaendiger Jude.
Es fehlte mir etwas. Ich hatte an einer entscheidenden Stelle etwas zu viel. Meine Vorhaut.
Esther haette sofort gemerkt, dasz ich kein Jude war. Was sollte ich tun?
Ich unterbrach unsere heiszbluetige Liebkosung und machte deutlich, dasz ich kurz in das Badezimmer verschwinden muszte.
Nur schwer konnte ich mich aus Esthers Armen befreien.
Im Badezimmer oeffnete ich meine Hose und betrachtete mein Glied. Nein, das war kein kosherer Doedel, den ich da in meinen Haenden hielt. Was sollte ich tun?
Als mein verzweifelter Blick durch das Badezimmer flog, wurde ich auf den Damenrasierer Esthers Mutter aufmerksam.
Beim genaueren Inspizieren stellte ich fest, dasz sich die Klinge kinderleicht aus dem Rasierer nehmen lies.
Was nun folgte war eine Tat der Verzweiflung und der unendlichen Liebe Esther gegenueber.
Natuerlich war unsere Beziehung an diesem Abend vorbei.
Fuenf Tage und zehn Bluttransfusionen spaeter wurde ich aus dem Krankenhaus entlaszen.
Esther habe ich nie wieder gesehen. Kurz darauf zog ich aus Brooklyn weg.
Ein groszer Teil meines Penis ist noch immer taub, aber das spielt hier jetzt keine Rolle.
Die Geschichte des Goi, der sich im Hause des Rabbi Teitelbaum selbst beschnitt, wird noch heute von den Juden in Williamsburg, von Generation zu Generation weitererzaehlt.
Esther habe ich nie vergeszen. Sie ist und bleibt meine erste und einzige, grosze Liebe.


Morgen gibt es einen weiteren Teil!







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