Mittwoch, 9. September 2015

Tag 1323

Ohne grosze Umschweife geht es sofort zum heutigen Teil des Tagebuches.


23.05.1972

Liebes Tagebuch, Du wirst kaum glauben, was sich heute Morgen, zugetragen hat.
Mein Verstand hat mir einen boesen Streich gespielt.
Noch bevor ich meine Augen geoeffnet hatte, verspuehrte ich einen eigenartigen, aber vertrauten Geruch in meiner Nase. 
Der Geruch von Zivilisation.  
Es roch nach Fast Food, Autoreifen und Chemiereiniger. All die bekannten Gerueche, welche ich seit vielen Wochen nicht mehr vernommen hatte.
Nicht, dasz ich sie vermiszt haette, das nicht, doch sorgten diese Gerueche dafuer, dasz ich mich ploetzlich in meine Heimatstadt zurueckversetz fuehlte.
Ploetzlich sah ich mich durch die bekannten Straszen laufen. An einem Imbisz bestellte ich mir einen Hot Dog.
Ich bisz ab, schmeckte die Wurst, schmeckte das Broetchen.
Der Schrei einer Moewe risz mich aus dem Schlaf.
Weg war die Stadt, weg war die Strasze, weg war der Hot Dog.
Dafuer hatte ich  nun einen ranzigen, uebelschmeckenden Klumpen Papier in meinem Mund.
In langen Fetzen zog ich den Zellstoff aus meinem Hals.
Ein Schock ereilte mich, als ich bemerkte, dasz ich mich zwar auf meinem Flosz befand, mein Flosz aber nicht mehr auf dem Ozean trieb.
Ich war umgeben von Muell. So weit das Auge sah, nur Muell.
Scheinbar wurde ich in der Nacht auf eine Insel gespuehlt, welche aus Haushalts- und Industrieabfaellen bestand.
Die Muellinseln schwankte und wankte im Rhythmus des Ozeans hin und her.
Jetzt, wo ich dieses Gebilde mit all meinen Sinnen wahrnehmen konnte, war ich angewidert.
Angewidert von dem fuerchterlichen Gestank und dem unappetitlichen Anblick der gammeligen Verpackungen.
Bei dem Gedanken, dasz ich beinahe eine solche Verpackung verspeiszt haette, muszte ich mich uebergeben.
Moewen, die ueber dem schwimmenden Muellberg kreisten, verursachten eine hoellischen Laerm.
Mit spitzen Schnaebeln hackten sie auf einander ein, um sich die verfaulten Nahrungsreste zu entreiszen.
Wie konnte ich von diesem Muellhaufen entkommen?
Der Rand dieser Insel war bestimmt 50 Meter entfernt.
Dort war das Waszer und dort muszte ich hin.
Um zu testen, ob die Oberfläche meinem Koerpergewicht standhielt, setzte ich beide Beine vor mein Flosz. So behutsam wie nur moeglich versuchte ich meinen Koerper in den Stand zu versetzen. Sofort sackte ich ein.
Bis zum Hals steckte ich nun fest in stinkendem Plastemuell.
Die scharfen Ecken und Kanten der Verpackungen schlitzten tiefe Wunden in meinen Koerper.
Panisch wuchtete ich mich wieder auf mein Flosz.
Die einzelnen Abfallteile schwammen in einer giftigen, sauren Bruehe, welche beim Kontakt mit meinen Wunden wie Feuer brannte.
Mir war klar, dasz ich nicht ohne weiteres von dieser gigantischen Muellboje entkommen konnte.
Der Gestank benebelte meine Sinne.
Die Mittagszonne brachte den Muellberg zum kochen. Giftige Dunstschwaden trangen aus der Oberflaeche und machten es unmoeglich zu atmen.
Ich verlor das Bewusztsein.
Nachdem ich wieder zu mir gekommen war, warf ich einen langen Blick auf das, was sich um mich herum darbot.
Alte Fuszbaelle, Lebensmittelverpackungen und Palsteflaschen befanden sich zwischen ausrangierten Mikrowellengeraeten und sogar einem Kuehlschrank. Irgendeine Kraft muszte die einzelnen Gegenstaende aneinander halten.
Einige der Objekte sahen noch recht brauchbar aus.
Wer weisz, der ein oder andere Gegenstand koennte sich fuer meine Zwecke als nuetzlich erweisen.
Mit meinem Paddel begann ich, den Muell zu durchwuehlen. 
Ich nahm einige Plastegefaesze und Folien an mich. Die Folien konnte ich als Schutz gegen den Regen verwenden, die Gefaesze eigneten sich gut um dort Regenwaszer aufzufangen. 
Nachdem ich den Muell eine ganze Weile durchsucht hatte, sank ich erschoepft und von den Daempfen benommen nieder. 
Alleine konnte ich nicht aus dieser miszlichen Lage entkommen, das stand fest.
Als die Sonne gen Horizont wanderte, beschlosz ich einen Happen Algen zu mir zu nehmen. 
Schon bald aber stellte sich heraus, dasz die giftige Lache unter meinem Flosz die Algen verdorben hatte. 
Das Knurren meines Magens hatte sogar die zankenden Moewen vertrieben. Ich muszte sofort etwas Eszbares auffinden. 
Das, was diese Seevoegel da verzehrten, war fuer den Menschen wahrlich nicht geeignet. 
Doch wie sagte meine Oma immer zu mir: "Hunger ist der beste Koch". 
Mit dem Paddel hatte ich drei grosze Pizzakartons aufgewuehlt. 
Selbstverstaendlich waren die komplett aufgeweicht. Das Innere der Kartons wies aber immer noch den ein oder anderen Fettfleck oder Kaeserest auf. Sogar der Geruch erinnerte, mit ein wenig Fantasie, an eine Kaesepizza.
Ich asz alle drei Kartons auf.
Gesaettigt und stark benebelt von den Muellausduenstungen legte ich mich schlafen. 
Fuer heute gab es nichts mehr, was ich haette tuen koennen. 
Mal sehen, was der naechste Tag bringen wird.

Fortsetzung folgt!









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