Mittwoch, 23. September 2015

Tag 1337

Wer sind eigentlich die fuenf Menschen, die taeglich lesen, was Harry hier schreibt? 
Stellt Euch doch mal vor! 



Wahrscheinlich ist der Juni bald vorbei, 1972 aber noch nicht

Ein alter, grauer, buckliger Mann laeuft in abgewetzten Hosen ueber die 5th Avenue. Speckige Aermel haengen an duennen Faeden von seinem Sakko. 
Am Ende langer Arme baumeln Plastetueten. Die aufgedruckten Namen der Supermarktketten sind laengst verblichen. 
Braun und gelb haben sich die ehemals weiszen Griffe der Tueten verfaerbt. Barfusz zieht er an den Geschaeftsleuten, den High Society Damen und den Touristen vorbei. 
Er fuehrt Selbstgespraeche. 
Dann und wann toent aus ihm ein hysterisches Gelaechter. 
Sein Blick durchdringt die kreuzenden Paszanten. Sie weichen ihm aus oder ignorieren ihn. 
Manche haben sich schon an seinen Anblick gewoehnt. 
Die Touristen haben Angst vor ihm. Sie wechseln die Straszenseite, bringen ihre Fotoapparate in Sicherheit. 
Er laeuft und laeuft. Ein Tag vergeht, ein neuer bricht an, um wieder zu vergehen. Er laeuft und laeuft. 
Die Zaehne fallen aus. Im Park ist sein WC. 
Die Sonne scheint, Regen faellt, Jahreszeiten kommen, Jahreszeiten gehen. 
Der Nacken ist schwarz, sein duerrer Leib ist kreidebleich. 
Jetzt sehe ich ihn von Nahem. 
Die Augen sind grau, haben keine Pupillen. Ein zotteliger Bart verhuellt sein Profil. 
Ich sehe genau hin und stelle fest, dasz ich der Alte bin!
Schweiszgebadet schrecke ich auf! Ich hatte getreaumt. 
Da war ich wieder, auf meinem Flosz, auf dem Ozean. 
Was fuer ein verrueckter Traum. Mein Herz pochte wie wild in meiner Brust. 
Ich glaube, ich verliere den Verstand...
Die letzten drei Tage verbrachte ich damit, um Paco zu trauern. 
Der Traenenflusz stellte sich erst ein, als mein Koerper komplett ausgetrocknet war. 
Rosinengleich kullerten die Augaepfel in meinem Schaedel. 
Jedes Zucken mit den Wimpern brannte wie Feuer. Ich hielt die Augen geschloszen, um sie vor der Sonne zu schuetzen. 
Der schmerzhafte Verlust Pacos machte mir mehr zu schaffen als die koerperliche Erschoepfung, die aus den Heulkraempfen resultierte. 
Der naechtliche Regen wurde von meinem dehydrierten Koerper aufgesogen, wei von einem Schwamm. 
Ich konnte nicht mehr. Meine Traenendruesen waren ueberlastet. Sie produzierten nur noch schmerzhafte Kraempfe in meinen Augen. 
Ich hatte keinen Appetit, keinen Durst, keine Lust auf dieses Leben. 
Mein Gesicht war vom vielen Weinen derartig aufgequollen, dasz ich, in Kombination mit meinem abgemagerten Torso, auszah wie ein Lollipop. 
Egal ob ich schlief oder wach war, ich wurde von den verruecktesten Traeumen heimgesucht. Mein Verstand spielte ein boeses Spiel mit mir. 
Hatte ich mir am Ende Paco nur eingebildet? Gab es Paco nur in meinen Traeumen? 
Traeumte ich jetzt? War ich wach? 
Vielleicht traeumte ich ja auch nur davon, auf einem Flosz ueber den Ozean zu schippern. 
Ich habe den Verstand verloren.



Fortsetzung folgt.




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